Mystische Stimmung im Brünner Untergrund

Von mehreren Personen hatte ich den Tipp bekommen, mir den Untergrund in Brünn einmal genauer anzuschauen. Das kam mir als Fokus für die Stadtbesichtigung ganz gelegen, denn alte Architektur über der Erde gab es schon in Danzig, Bydgoszcz, Posen und Breslau zur Genüge zu bestaunen. In Brünn gibt es aber auch einige Sehenswürdigkeiten in den Kellern zu besichtigen. Dabei habe ich an drei Stationen halt gemacht.

Die St. Jakobskirche von oben.

Station Nummer 1: Das Beinhaus unter der St. Jakobskirche. Hier hat man im 18. Jahrhundert wegen Platzmangel auf dem Friedhof die Gebeine der Verstorbenen eingelagert. Nach ein paar Jahren unter der Erde wurden die Knochen wieder ausgebuddelt, in der Gruft im Beinhaus eingestapelt und somit wieder Platz auf dem Friedhof geschaffen. Insgesamt befinden sich wohl die Gebeine von über 50000 Toten unter der Kirche. Lange Zeit war dieser Ort in Vergessenheit geraten und 2001 durch Zufall wieder entdeckt wurden. Jetzt gibt es ein paar Gewölbe zu begutachten, in denen die Gebeine der Toten zu Wänden aus Knochen fein säuberlich übereinander geschichtet sind. Zwischen den Gebeinen sind elegant Schädel arrangiert, so dass diese einem gut in die Augen schauen können. Das Ganze ist geschickt beleuchtet und mit Statuen moderner Kunst versehen. Irgendwie schon ein mystischer und beeindruckender Ort. Aber auch skurril, denn so präzise wie die Gebeine in leicht geschwungenen Bögen angeordnet sind, lagen diese zur Wiederentdeckung 2001 bestimmt nicht da unten. Und dann sind da ja noch die Skulpturen …

Im Beinhaus unter der St. Jakobskirche.

Station Nummer 2 war weniger theatralisch aufbereitet, eher mehr im Museumsstil. Es war die Kapuziner-Gruft. Der Kapuziner-Orden hat in Brünn ein Kloster und darin während einer bestimmten Zeitspanne Tote bestattet. Hier liegen allerdings in den Kellern keine Knochen, sondern mumifizierte Leichname. Interessant ist dabei, dass edle Spender des Ordens einzeln in dekorierten Holzsärgen bestattet wurden und die Mönche selbst einfach in Reihe nebeneinander auf dem Boden liegen. Die Arme gekreuzt und den Kopf auf einem Ziegelstein. Was die Särge betrifft, so hängen die Deckel jetzt an den Wänden. Dafür wurden die Särge zur Belustigung von Touris wie mir mit Glasscheiben versehen. Somit lassen sich die Mumien bestens begaffen.

Mumifizierte Mönche in der Kapuzinergruft.

Etwas weniger mystisch ging es dann in Station Nummer 3 zu. Hier besuchte ich das Keller-Labyrinth unter dem Krautmarkt. In diesen Kellern wurden früher Lebensmittel gelagert, Wein abgefüllt, angeblich Alchemie betrieben, Halunken und nicht dem „normalen Menschenbild“ entsprechende Menschen eingesperrt, Wasser geholt und vermutlich noch viel mehr Dinge getrieben. Interessanterweise handelt es sich nicht um einzelne Keller unter einzelnen Häusern sind, sondern um eine Art miteinander verbundenes Keller-Labyrinth. Heute ist ein Teil davon sehr gut renoviert und museumsartig umgestaltet – der Teil, den ich dann bei einer Führung bestaunen konnte.

Im „Alchemisten-Keller“ unter dem Krautmarkt.

Es war auf jeden Fall mal etwas anderes sich die Stadt von „unten“ anzuschauen als nur von „oben“ durch die Gasen zu schlendern. Brünn hat übrigens noch viele weitere unterirdische Attraktionen zu bieten – falls ihr also Lust bekommen habt, fahrt doch mal hin!


Reisezeit: September 2021

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